Ärger festhalten ist wie wenn du ein glühendes Stück Kohle festhältst mit der Absicht, es nach jemanden zu werfen – derjenige, der sich dabei verbrennt, bist du selbst.
Was hat eine Erwartung, mit meinem Ärger zu tun?
In meinem Artikel „Warum ich einen Blog schreibe“ erwähne ich, dass ich kein Experte, erleuchteter oder Psychologe bin. Das stimmt nur zum Teil, weil was das Ärgern betrifft, glaube ich, bin ich ein Experte. Ich kann mich sehr schnell über Situationen ärgern. Vor allem auch über Situationen, in denen hauptsächlich nur ich involviert bin.
Vor einiger Zeit hatte ich eine Erkenntnis, die ich mir notiert, sie dann aber wieder aus dem Fokus verloren habe. Jetzt bei der Vorbereitung zu diesem Blog Projekt und meiner Recherche über Liebe Energie Physik, bin ich wieder darauf gestoßen. Ich habe festgestellt, dass Ärger immer mit Erwartung und Bewertung zu tun hat. Und es war ein gutes Gefühl, als ich dies durch Artikel bzw. Texte bestätigt bekommen habe. In der Onlineausgabe Spektrum steht im Lexikon der Psychologie „Das Erleben von Ärger ein Anzeichen für Erwartungsverletzungen ist, die oft aus zwischenmenschlichen Beziehungen herrühren“.
Auch Grenzen haben etwas mit Erwartungen zu tun.
Dr. Verena Kast schreibt im Spiegel, dass Ärger mit Überschreiten von Grenzen zu tun hat. Entweder überschreitet jemand meine oder ich darf meine Grenzen nicht erweitern. Wie ich denke haben Grenzen auch etwas mit Erwartungen zu tun und ich finde mich dadurch ebenfalls bestätigt.
Wie das Thema Ärger zu der aktuellen Situation passt, habe ich auch erkannt, als ich in den letzten Tagen einen Artikel im orf.at gelesen habe, der ebenfalls von der Schweizer Psychologin Dr. Kast verfasst wurde. In ihrem Artikel geht sie auf das Thema Ärger in Zusammenhang mit der CoV-19 Krise ein.
Eine nicht Erfüllung einer Erwartung, kann leicht zu Ärger führen. Oder warum ist die Küche nicht aufgeräumt?
Wenn ich dem weiter nachgehe und mir einzelne Situationen vor Augen führe, in denen ich mich geärgert habe, ist diese Erkenntnis soweit immer wahr.
Ich erinnere mich an eine Diskussion mit einem meiner Kinder. Ich bin nach einer Geschäftsreise müde nach Hause gekommen und in der Küche war etwas nicht aufgeräumt. Ich hatte mich leider „fürchterlich“ geärgert und eine Diskussion begonnen. Hier hatte ich klar die Erwartung, dass alles fein zusammen geräumt ist, wenn ich nach Haus komme. Meine Erwartung der „perfekt“ aufgeräumten Küche war so in mir verankert, dass ich es nicht fassen konnte, die Küche nicht so vorzufinden.
Glück ist vom Zustand unseres Geistes abhängig.
Bei Erwartungen setzen wir etwas voraus, dass im Außen einzutreffen hat. Nicht nur bei Erwartungen sind wir persönlich sehr viel mit dem Außen beschäftigt.
Im Buch „Das weise Herz“ schreibt Jack Kornfield, dass wir „in unseren westlichen Kulturen gelernt haben, dass wir Glück im Allgemeinen nur erlangen, wenn die Außenwelt sich unseren Wünschen gemäß verändert. Wohingegen “die buddhistische Psychologie lehrt, dass es auf den Zustand unseres Geistes ankommt“. (pos. 902 von 7202 „Das Weise Herz“)
Im Buddhismus aber auch beim Meditieren, wird immer davon gesprochen, nichts zu bewerten, sondern alles einfach „dankbar“ anzunehmen. Auch wenn es um den Ärger geht, stellt sich die Frage, ob wir uns nicht weniger ärgern würden, wenn ich das Erlebte nicht sofort bewerten würden.
Auch kann ich nachvollziehen, dass ich ohne eine konkrete Erwartung weniger Gründe für Ärger hätte.
Was eine zerbrochene Flasche noch bewirkt, wenn man offen und selbstreflektiert bleibt.
Während dieser Artikel noch in Arbeit war, konnte ich mich wieder dabei beobachten, wie ich mich sehr über eine Banalität geärgert habe. Eine Einkaufstasche war umgefallen und eine Glasflasche mit Wasser ist zerbrochen und im Vorzimmer ausgeronnen.
Ich habe mich sehr geärgert über die Situation (was im Nachhinein betrachtet sehr amüsant ist). Das hat mich dazu gebracht, meine Überlegungen noch zu erweitern. Hier hatte ich vordergründig keine Erwartung, aber ich denke es ist hier das Problem des Perfektionismus und des nicht Akzeptieren einer Situation. Auch könnte ich mir vorstellen, dass es vielleicht mit dem Verlassen eines gewohnten Bereichs zu tun hat. Die Tasche hinstellen und ausräumen wird durchbrochen und muss um die unangenehme nicht gewünschte Handlung „aufwischen und wieder den ursprünglichen Zustand herstellen“ ergänzt werden. Wenn man gerne alles ordentlich (da ist es wieder ein anderes Wort für Perfekt) will, kann einen das schon sehr stören. Aber vielleicht hilft es, sich genau das bewusst zu machen.
Der reißende Fluss der Emotionen und wie ein Buddhist eine Lösung bietet aus diesem heraus zu kommen.
Im Nachhinein betrachtet, ist es töricht, sich so aufzuregen, aber jeder der ähnliche Reaktionsmuster kennt, weiß vielleicht, dass es nicht leicht ist aus dem „fahrenden Zug“ auszusteigen und die Emotionen von außen zu beobachten und nicht die Emotion zu werden.
Der buddhistische Mönch Bhikshu Tenzin Peljor erklärt in „Buddhismus Aktuell:„Entsteht eine konflikterzeugende Emotion wie Wut, übernimmt sie schnell die Kontrolle. Sie wird die Chefin; wir werden zu Sklaven dieser Emotion und folgen ihr zwanghaft. So sind wir unfrei. Wenn die Wut die Kontrolle übernommen hat, ist das, als wäre man in einen reißenden Fluss gefallen und würde von der Strömung davongetragen.“
Er bietet auch eine Lösung an, in dem er von Selbstbeobachtung spricht.
„Aus dem reißenden Fluss einer konflikterzeugenden Emotion wie Wut zu gelangen erreicht man durch die Praxis der Selbstbeobachtung (Sanskrit: samprajanya): Nimm die Emotion, die Wut, bewusst wahr, sieh hin! Das bewusste Wahrnehmen und die nachfolgende friedliche Annahme der Wut stehen meines Erachtens ganz am Anfang. Dazu muss man innerlich einen Schritt zurücktreten und offen und interessiert beobachten, was gerade passiert.
Achtsamkeit als Schlüssel für das Erkennen und den Beginn der Auflösung.
Wenn wir uns mit dem Buddhismus bereits begonnen haben auseinanderzusetzen, wird einem das nicht neu sein. Trotzdem finde ich es schwierig in dem Bruchteil einer Sekunde, in der die Emotion ausbricht, diese Distanz zu wahren und zu beobachten, weil ich immer vom Impuls überrascht werde. Es ist mir aber bereits gelungen, diesen Moment kommen gesehen zu haben. Wieder habe ich mich ungeschickt verhalten (habe beim Umräumen zu viel in eine Schachtel gepackt und ein Teil ist heruntergefallen) aber ich habe dem Moment erwischt, in dem ich mich geärgert hätte. Dieses Mal aber habe ich das Muster erkannt und mich nicht geärgert. Ich hoffe, diese Momente werden sich häufen und ich werde euch davon berichten.
Im zweiten Teil zum Thema Ärger werde ich noch weitere Ursachen für Ärger betrachten und auch weitere Überlegungen darüber anstellen, wie wir Ärger vermeiden könnten. (hier gehts demnächst zu Teil 2)
Referenzen
https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/aerger/1362
https://www.ursachewirkung.com/blog/2584-aerger-im-buddhismus
https://studybuddhism.com/de/grundlagen/wie/acht-buddhistische-tipps-fuer-den-umgang-mit-aerger
Freue mich über Kommentare
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Hi, ist wirklich ein guter Artinel geworden! Ich nehme an einige werden sich zumindest in Teilen darin wieder finden.
Freu mich auch, dass Dir der „Schritt zurück“ im richtigen Augenblick gelungen ist. Ich glaube, dass es ähnlich wie beim Erlernen von neuen Dingen ist, je geübter man ist, desto besset wird man darin 😉👍🏻