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Buddhistische Psychologie – Ein Kurs am Tibetzentrum Knappenberg Teil 1

Wir sind, was wir denken. Alles, was wir sind, entsteht aus unseren Gedanken. Mit unseren Gedanken formen wir die Welt.
Buddha

Der letzte Eintrag ist vom Mai 2022, wie die Zeit vergeht. Ich habe im Mai letzten Jahres mit einem Diplomkurs am Tibetzentrum in Knappenberg in Kärnten zum Thema „Buddhistische Psychologie“ begonnen, den ich im November 2022 abgeschlossen habe.

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, laufend von meinen Erkenntnissen und Erfahrungen zu berichten, aber ehrlich gesagt, haben mich die Themen sehr gefordert. Die Art und Weise zu denken und wie die tibetischen Buddhisten die Welt und den Menschen sehen, unterscheidet sich stark von dem, wie wir hier im Westen aufgewachsen sind.

Ich habe aber auch in den letzten Monaten lernen dürfen, dass es auch im Westen philosophische Ansätze gibt, die dem des Buddhismus sehr ähnlich sind. Aber das ist ein Thema für einen weiteren Artikel. Aber so viel sei schon verraten, die griechischen Philosophen und Stoiker hatten ähnliche Überlegungen, wie ich hier vom Buddhismus kennengelernt habe.

Es sind nicht die Dinge selbst, die uns bewegen, sondern die Ansichten, die wir von Ihnen haben.
Epiktet

Der Kurs hat sich in 6 Einheiten gegliedert. Einführend war ein Abschnitt komplett der Meditation gewidmet und hier im Speziellen der analytischen Meditation. Die, wie ich dann später noch erkannt habe, sehr bereichernd ist, wenn man sich mit einzelnen Themen intensiver beschäftigt.

Nach einem Abschnitt über die Geschichte, ging es dann in den Einheiten über das Bewusstsein, den Geist und die Erkenntnis tiefer in die Grundlagen der buddhistischen Psychologie. Vertieft wurde das Verständnis dann über die sogenannten Geistesfaktoren um dann schließlich im Abschnitt über den Umgang mit destruktiven Emotionen Lösungen für „persönliche Probleme“ kennen zu lernen. Den Abschluss bildetet eine Einheit über die Entfaltung von Mitgefühl und liebender Güte, einer Kernbotschaft im Buddhismus.

Für mich stellen Liebe und Mitgefühl eine allgemeine, eine universelle Religion dar. Man braucht dafür keine Tempel und keine Kirche, ja nicht einmal unbedingt einen Glauben, wenn man einfach nur versucht, ein menschliches Wesen zu sein mit einem warmen Herzen und einem Lächeln, das genügt.
Dalai Lama

Wichtig zu erwähnen ist auch, dass es sehr viele verschiedene Übersetzungen der alten Schriften gibt. Wie in anderen philosophischen und religiösen Strömungen haben sich im Lauf der Jahre und Jahrtausende verschiedene „Schulen“ etabliert. Ich erwähne das, weil ich am Anfang versucht habe, im Internet Zusatzinformationen zu finden. Dies war aber nicht zu allen Themen möglich, weil es eben auf die Übersetzungen und die jeweilige Schule ankommt. Wer sich für mehr Details zum Buddhismus interessiert, findet hier viel Interessantes.[Studdybuddhism]

Ich möchte einen kurzen Einblick, in das Gelernte geben, was keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat. Jedes Thema würde viele Seiten füllen, hat dadurch aber Potential für zukünftige Artikel 😉

Meditation

Die konzentrative Meditation dient primär dazu, den Geist zu schulen. Ihn zu trainieren, konzentriert bei einer Sache zu bleiben und sich nicht ablenken zu lassen. Jeder der schon einmal meditiert hat weiß, was ich meine. Die Ablenkung, die unser Geist laufend zu bieten hat, ist unendlich. Laufend tauchen Gedanken auf. Übung macht es möglich, diesen Gedanken nicht mehr zu folgen und fokussiert auf das sogenannte Meditationsobjekt zu sein. In meinem Fall ist es der Atem.

Die sogenannte analytische Meditation dient dazu, sich sehr konzentriert mit einzelnen Themen oder auch nur Erklärungen oder Sätzen aus Texten zu beschäftigen. Mit der analytischen Meditation wird das Thema aus verschiedenen Sichtweisen beleuchtet und man denkt sehr intensiv darüber nach. Durch die konzentrative Meditation ist man geschult, den Fokus auf diesem Thema zu halten und nicht über den lärmenden Nachbarn, die Party am Wochenende oder den Streit in der Familie nachzudenken. Oft kommen Erkenntnisse und Aha-Erlebnisse auch erst viel später nach der Meditation. Das Unterbewusstsein beschäftigt sich weiter mit den Themen.

Meditation ist das Reinigen des Geistes und Herzens vom Egoismus; durch diese Reinigung entsteht das richtige Denken, das allein den Menschen vom Leid befreien kann.
Jiddu Krishnamurti

Geist, Erkenntnis und Bewusstsein

In diesem Abschnitt ging es dann um Grundlagen, um unseren Geist, das Bewusstsein und die Kenntnisnahme besser zu verstehen. Dabei ist anzumerken, dass die Begriffe Bewusstsein, Gewahrsein und Kenntnisnahme synonym verwendet werden. Für den Buddhismus ist das Bewusstsein klar und erkennend. Wir nehmen wahr, erkennen und begreifen etwas.

Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter. Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.
Albert Schweitzer

Bewusstseinsarten

Der Buddhismus kennt verschiedene Arten des Bewusstseins. Es kann z.B. in 5 Sinnesbewusstseinsarten und ein geistiges Bewusstsein unterteilt werden. Unter den Sinnesbewusstseinsarten versteht man das Sehen, Riechen, Hören, Schmecken und Fühlen (Tasten). Über das Sinnesbewusstsein entsteht eine unmittelbare Wahrnehmung. „Das ist eine Kenntnisnahme die frei von Begrifflichkeit und ungetäuscht ist“. [Bewusstsein und Erkenntnis im tibetischen Buddhismus – Lati Rinpoche/ Diamant Verlag].

Dabei bedeutet frei von Begrifflichkeit, dass das Objekt unmittelbar wahrgenommen wird und kein geistiges Abbild verwendet wird. Begrifflich bedeutet, dass wir im Geist an etwas denken und wir Begriffe für das im geistigen Bewusstsein erscheinende Objekt verwenden. Wir betrachten ein Abbild in der geistigen Vorstellung.

Beim geistigen Bewusstsein kann es auch eine unmittelbare geistige Wahrnehmung geben, aber der überwiegende Teil ist ein begriffliches Bewusstsein. Eine Schule vertritt die Ansicht, dass unmittelbar nach einer unmittelbaren Sinneswahrnehmung eine unmittelbare geistige Wahrnehmung folgt, welche aber zu kurz ist, um diese zu erkennen. Diese führt dann zur begrifflichen Erkenntnis dieses Objekts und benennt es und so weiter.

Man muss mit seinen Gedanken nur bei dem sein, was gerade jetzt zu tun ist
Marc Aurel

In dem Zusammenhang fand ich eine sehr interessante Übung. Wenn ich spazieren gehe und die Umwelt wahrnehme, achte ich darauf was sich im Geist/ Bewusstsein abspielt. Ich habe erkannt, dass ganz automatisch oft Begriffe auftauchen wie, Baum, Strauch, Vogel und so weiter, aber natürlich nicht offensichtlich, sondern eher subtil (ein Begriff der in der buddhistischen Psychologie oft vorkommt). Sobald ich das erkenne, versuche ich die Wahrnehmung darauf zu konzentrieren, eben keine Begriffe in meinem Geist zu „sehen“, sondern das Objekt bewusst wie es ist wahrzunehmen. Dabei hilft dann die Schulung der konzentrativen Meditation, die diese Fokussierung auf das Objekt ohne Begriffe und Ideen über das Objekt halten kann und ich nur wahrnehmen, wie es ist.

Das Interessante dabei ist, zu erkennen, wie schnell man mehr oder auch weniger wahrnimmt, als eigentlich vorhanden ist. Das wird wichtig, wenn man sich dann die Frage stellt, was ist da wirklich gewesen? Wenn diese Erkenntnis auch auf den Alltag angewendet wird, wird klar, dass man vieles wahrnimmt, dass so eventuell gar nicht existiert.
Wir haben eine Vorstellung von dem Begriff „Baum“ in uns und wenn wir an den Baum denken, entspricht dies eventuell nicht ganz der Realität des Baumes, an dem wir gerade vorbeigegangen sind.

Das folgende Zitat von Jon Kabat-Zinn bringt es auf den Punkt. Es lohnt sich über diese Aussage nachzudenken, hilft es doch auch im Umgang mit unseren Mitmenschen.

Wenn du andere Leute ansiehst, frage dich, ob du sie wirklich siehst, oder ob du nur deine Gedanken über sie siehst.
Jon Kabat-Zinn

Für das Bewusstsein oder Gewahrsein gibt es noch verschiedene andere Unterteilungen, auf die ich aber hier nicht weiter eingehen kann.

Erkenntnis

Wikipedia definiert Erkenntnis wie folgt: „Der Begriff Erkenntnis ist in der Philosophie umstritten; eine einheitliche Definition hat sich nicht herausgebildet. In einer ersten Annäherung kann man Erkenntnis als den Prozess und das Ergebnis eines durch Einsicht oder Erfahrung gewonnenen Wissens bezeichnen.“

Der Buddhismus unterscheidet verschiedenste Arten der Erkenntnis. Die gültige oder auch primäre Erkenntnis entsteht, wenn ein Objekt das erste Mal fehlerfrei wahrgenommen wird. Wenn ich einen Baum das erste Mal ansehe, dann ist dieser erste Moment eine neue gültige Erkenntnis. Der zweite Moment ist immer noch gültig, aber nicht mehr neu und daher wird er nachfolgende Erkenntnis genannt.


Es gibt noch weitere Einteilungen, aber ich möchte hier nur noch die nicht gültige Erkenntnis anführen. In Bezug auf die buddhistische Psychologie denke ich, wird im Kurs mit diesem Themenbereich dargelegt, wie unser Geist funktioniert und dass viele Aspekte berücksichtigt werden müssen, um menschliches Verhalten zu verstehen und sich letztendlich auch selbst besser zu verstehen.

Die nicht gültige Erkenntnis kann auch in verschiedene Kategorien eingeteilt werden. Angefangen von der oben erwähnten nachfolgenden Erkenntnis über die Zweifel und Vermutungen bis hin zum verkehrten Bewusstsein und unaufmerksames Gewahrsein.

Das verkehrte Bewusstsein nimmt ein Objekt unrichtig wahr. Das kann einerseits z.B. im Sinnesbewusstsein durch einen Augenfehler, oder aber zum Beispiel durch eine Reflexion entstehen, die das Objekt beim Betrachter falsch entstehen lässt. Es ist aber auch ein verkehrtes Bewusstsein, wenn etwas nicht so existiert wie der Betrachter denkt (begrifflich), dass etwas existiert.

Genau dieses verkehrte Bewusstsein begegnet uns häufig im Alltag und führt zu Missverständnissen und zwischenmenschlichen Problemen, wenn z.B. Ärger ein Objekt falsch wahrnehmen lässt.

Eine weitere sogenannte nicht gültige Erkenntnis ist das unaufmerksame Gewahrsein, dass uns ebenfalls laufend begegnet und ebenfalls die Ursache für Konflikte und Fehleinschätzungen ist. Wir sitzen am Frühstückstisch und der Partner erzählt uns etwas und wir sind geistig schon in der Arbeit und nehmen das Gesagte eben nicht wahr oder eben nur „unaufmerksam“.

Im zweiten Teil geht es dann um die Geistesfaktoren und Leidenschaften und wie man störendes auflösen kann, beziehungsweise welche Gegenmittel (Lösungswege) man anwenden kann. Auch werde ich über eine der Kernbotschaften des Buddhismus (wie auch in anderen Religionen) schreiben, dem Mitgefühl und der liebenden Güte

Referenzen

https://www.dasgehirn.info/denken/bewusstsein/was-ist-bewusstsein?gclid=EAIaIQobChMIvcDXpPmZ_AIVUrLVCh0kygxMEAAYASAAEgJ8GfD_BwE

https://www.spektrum.de/news/kontinuierliches-erleben-ist-eine-illusion/1586556

Bewusstsein und Erkenntnis im tibetischen Buddhismus – Lati Rinpoche/ Elizabeth Napper Diamant Verlag

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